Zündfunke, 29.12.14

Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
Anglikanische Christen denken heute an einen besonderen Mann, an Thomas Becket, derm bevor er Erzbischof von Canterbury wird, dem britischen König dient. Thomas Becket lebt im 12. Jahrhundert als Kaufmannssohn und studiert Jura und Theologie in Frankreich und Italien. Als er mit 22 Jahren zurück nach London kommt, beeindrucken den König sein sicheres Auftreten und seine Auslandserfahrung. Deshalb entwickeln die beiden, Heinrich II. und Becket, eine sehr enge, persönliche Freundschaft. Es ist nachzulesen, dass die beiden alles teilten: Ihre Jagdleidenschaft, den Wein und sogar die Frauen. Becket wird durch Heinrich zum Lordkanzler ernannt und später Erzbischof von Canterbury.
Zeitgenossen vergleichen dieses Verhältnis mit der Beziehung des ägyptischen Pharaos zu Josef. Thomas Becket nimmt seine Aufgabe als Stellvertreter des Königs sehr ernst. Zuerst als Lordkanzler und später auch als Erzbischof. Allerdings zum Entsetzen des Königs. War er im Krieg gegen Frankreich als kühler Rechner einzuschätzen, so vertritt er als Erzbischof mit aller Vehemenz kirchliche Interessen und Rechte. Für Heinrich sieht das wohl so aus, als habe sein Freund die Seiten gewechselt. Er tut nicht mehr das, was der König will, und dadurch lässt dieser ihn fallen. Daraufhin muss Becket nach Frankreich fliehen. An Weihnachten des Jahres 1170 ruft Heinrich, zwar versteckt, aber doch für alle vernehmbar, zum Mord an Becket auf, was dann am 29. Dezember auch prompt durch 4 Ritter ausgeführt wird. Der König aber ist aus dem Schneider.
Historiker rätseln bis heute über die Wandlung Beckets. Eins aber ist sicher: Thomas Becket ist wohl überzeugt davon, dass er in seinem Beruf Gott mehr gehorchen muss als den Menschen; dass er andere Maßstäbe setzen muss, dass er in seiner Position nicht am Machtgewinn der weltlichen Macht mitarbeiten kann. Und er erkennt, dass er zu seinen Überzeugungen stehen muss, aber dass es durchaus erlaubt ist und ehrlicher sein kann, wahrzunehmen, dass sich Überzeugungen im Laufe eines Lebens auch wandeln können. Thomas Becket, ein Vorbild – nicht nur für die Gemeinschaft der Anglikaner.

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