Zündfunke, 30.03.15

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Wie stellen Sie sich eigentlich das Paradies oder den Himmel vor, liebe Schwestern und Brüder? Etwa so: „Die kleine Marie möchte aus dem Kinderparadies abgeholt werden, bitte holen sie Marie aus dem Kinderparadies ab“, so die freundliche Frauenstimme aus dem Lautsprecher des Einrichtungshauses. Vor meinem geistigen Auge sehe ich ein kleines Mädchen laut schluchzend im Kugelbad stehen und sehnsüchtig nach seiner Mama rufen. Die Betreuerin versucht Marie zu beruhigen und zählt die Sekunden bis die Eltern endlich kommen und die Kleine aus ihrem Paradies befreien. Das Paradies als Ort, von dem man so schnell wie möglich wieder abgeholt werden will?
Jedenfalls hält sich bei den meisten Menschen die Sehnsucht nach dem Ort, an dem die Gläubigen das ewige Leben verbringen, in Grenzen. Der Münchner im Himmel hat in dem gleichnamigen Sketch bald vom Luja-Singen und Harfe-Spielen die Nase voll. Er ist heilfroh als er wieder von seiner Wolke runter und in sein geliebtes Hofbräuhaus darf. Sehr nett auch die Szene, die Adrian Plass in seinem „Tagebuch eines frommen Chaoten“ erzählt: Da fragt der Prediger die Gemeinde am Sonntagmorgen: „Wohin hoffen wir eines Tages zu kommen?“ Alle antworten unisono: „In den Himmel!“ Bis auf einen, der aus vollem Hals ruft: „Teneriffa!“ Der fromme Chaot in dem Buch von Adrian Plass freut sich gar nicht auf den Himmel. In sein Tagebuch schreibt er: „Laufe durch die Gegend, guck mir die Leute und die Sachen an, an denen ich hänge, und versuche mir vorzustellen, dass ich das alles einst gegen etwas eintauschen muss, was in groben Zügen unseren Sonntagsgottesdiensten ähnelt“.
Wenig später erzählt er seine Sorge einem Mönch. Der Mönch fragt ihn: „Was macht ihnen wirklich Spaß?“ Der fromme Chaot antwortet: „Fußball“. „Dann“, sagt der Mönch, „muss Gott bei Ihnen dafür sorgen, dass der Himmel wenigstens so aufregend und anregend ist wie ein Endspiel der Fußball-WM“. Das gefällt mir: Ich stelle mir die Dinge vor, die ich gern mache und die Orte, an denen ich mich wohl fühle und habe dann eine leise Ahnung wie der Himmel werden wird. Natürlich ist das, was ich mir dann vorstelle, nur ein Bild, aber auch die Bibel gebraucht Bilder, um das Reich Gottes zu beschreiben. Etwa als großes Festmahl, zu dem Gott uns einlädt, und bei dem es nur die erlesendsten Speisen und besten Weine gibt. Gemeint ist damit: Das Paradies ist der Ort, an dem Gott all unsere Bedürftigkeit und Sehnsucht stillen wird, und zwar nicht grade mal so, sondern im Überfluss – oder salopp formuliert – volle Kanne.
Wenn das aber so ist, dann ist das Paradies kein Ort, von dem ich je wieder abgeholt werden will.

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