Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Hühner, nichts als Hühner, verehrte Schwestern und Brüder. Oben, unten, nebeneinander und übereinander. So sitzen sie auf ihren Stangen und schlafen den Schlaf des Gerechten – wie man so schön sagt. Aber auf der untersten Stange, da sind zwei noch hellwach. „Verstehst du das?“, sagt da das eine Huhn und schaut hoch zur obersten Stange. Und beide schauen doch recht verduzt hinauf. Denn da sitzt doch mittendrin – dick und so richtig rosa grinsend – ein Schwein. Ja, sie haben richtig gehört. Ein Schwein. „Wie kommt man denn bloß nach oben, ohne ein Schwein zu werden?“
Dieses Poster habe ich mal in einem großen Kaufhaus unter vielen anderen Postern entdeckt. Die Verkäuferin, die wahrnahm, wie ich interessiert dieses Poster betrachtete, kam auf mich zu und sagte zu mir: „Das ist gar nicht schlecht. Das sollte man hier überall aufhängen….“ Ich dachte: Hoppsala, wenn das mal ihr Chef hören würde. Aber wahrscheinlich hat sie ja recht. Da herrscht wohl – wie in den meisten Betrieben – eine klare Hackordnung. Anordnungen und Befehle werden wohl von oben nach unten wandern, was auch so sein muss. Das spricht nicht für ein schlechtes Betriebsklima. Nur: So manches Huhn mutiert, wenn es erst mal oben angekommen ist – oft ohne es selbst zu merken – zum Schwein. Vergisst völlig, wie das ist, ein Huhn zu sein und mir scheint, genau das hat die Verkäuferin mit ihrer Aussage mir gegenüber gemeint. Wer weiß, was sie für einen Vorgesetzten hat.
„Wie kommt man nach oben, ohne ein Schwein zu werden?“ Die Antwort darauf lautet: Machs wie Gott. Komm runter und werde Mensch. Denn genau das feiern wir doch an Weihnachten. Dass Gott ganz weit runtergekommen ist auf die Erde. In das kleine Dorf namens Bethlehem, in einen Stall, in eine Futterkrippe. Dort wird man es finden, das Christkind – ganz tief unten. Sozusagen auf Augenhöhe mit Ochs und Esel, mit Schaf und Muli. Das ist wirklich groß, großartig – ja göttlich. Runterzukommen auf Augenhöhe. Eben kein Blick von oben herunter, kein Gefühl von „da bin ich aber doch weitaus besser“, kein „so wie der bin ich Gott sei Dank nicht.“
Es ist – um es vorweg und ganz ehrlich zu sagen – keine leichte Übung. Aber es lohnt sich, sie mal auszuprobieren. Beobachten Sie sich einfach mal eine bestimmte Zeit. Sie werden spüren, wie schnell man in eine Schräglage gerät, wenn man sich begegnet. Es ist also alles andere als leicht, auf einer Hühnerstange die Balance zu halten. Und deshalb feiern wir jedes Jahr von neuem Weihnachten. Da können wir das üben, wenn wir uns anrühren lassen von diesem Kind in der Krippe und von seiner Botschaft, die mit ihm verbunden ist. Nämlich dass der große Gott ganz zu uns heruntergekommen ist. Dass er im wahrsten Sinne des Wortes ein „Heruntergekommener“ ist, damit wir nach und nach unsere ängstliche Hühnerseele verlieren und Mensch werden – nichts als ein Mensch.
Zündfunke, 19.12.14
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