Zündfunke, 15.12.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Ein Wort, das in den vergangenen Wochen und Monaten häufig zitiert wurde, heißt Vertrauen, liebe Schwestern und Brüder. Überall war von Vertrauen die Rede. Es wird vermisst, es wird herbei gesehnt. Viele haben das Vertrauen verloren: in meine Kirche und mögliche Reformen, in die Börse, in eine Reihe führender Persönlichkeiten unserer Wirtschaft und Politik. Zugleich wird es immer wieder geradezu beschworen: von der Bundeskanzlerin, von den Verantwortlichen in unserer Gesellschaft.
Denn ohne Vertrauen kann man nicht leben. Ich brauche das, dass andere mir vertrauen und dass ich anderen Menschen vertrauen kann. Ich brauche einen Vertrauensanker, der mich hält. Ohne Vertrauen gibt es keinen Frieden, keine Hoffnung und keine Orientierung. Wo Misstrauen herrscht, da werden die Beziehungen zueinander und die Gemeinschaft miteinander vergiftet. Oder hat Lenin Recht gehabt mit dem Satz: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“? Nein, dieser Spruch ist gefährlich, auch wenn er derzeit oft richtig zu sein scheint. Denn ein verträgliches Miteinander, ein hoffnungsvolles und friedevolles Zusammenleben kann es immer nur geben, wenn Vertrauen wächst. Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser. Das scheint mir ein besserer Grundsatz zu sein für das Miteinander von Menschen. Denn Vertrauen ist das Band, das Gemeinschaft möglich macht. Vertrauen ist die Voraussetzung, dass wir besser miteinander umgehen und dass ein gemeinsames Leben aufgebaut werden kann.
Wie aber kann ich Vertrauen wieder lernen? Da gibt es Menschen, die ich liebe, in meiner Familie, unter meinen Freunden: denen kann ich vertrauen. Und ich erfahre, dass sie auch mir vertrauen. Ich spüre, wie gut mir das tut, dass wir Vertrauen zueinander haben können. Und ich kann Gott vertrauen. Ich kann mich darauf verlassen, dass er mir hilft, dass er mich nicht im Stich lässt. Von Gott werde ich nicht betrogen. Gott traut mir zu, auch anderen gegenüber liebevoll und wahrhaftig zu sein. Er traut es auch anderen zu, mich nicht zu hintergehen und zu enttäuschen. Das baut Vertrauen auf. Denn es hilft mir, wenn ich Angst habe. Ich weiß: auch wenn ich sonst in vielen Krisen und Schwierigkeiten kaum etwas von Vertrauen spüre, so bin ich doch nicht allein. Anderen zu vertrauen ist ein Wagnis. Das fällt leichter, wenn ich weiß: Gott steht hinter mir. Auf ihn kann ich mich verlassen. So kann ich anderen vertrauen. Denn ohne Vertrauen kann niemand leben.

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