Zündfunke, 24.11.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Lesen Sie, verehrte Schwestern und Brüder, Ihre Zeitung manchmal auch von hinten? Da stehen nämlich – in meiner Zeitung zwischen „Veranstaltungstipps“ und „Sonderangeboten“ der großen Kaufhausketten – die Todesanzeigen. Ich lese die Namen der Verstorbenen und der Angehörigen, entdecke manchmal jemanden, den ich kannte und zucke zusammen. „Was, nur zwei Jahre älter als ich ist sie geworden?“. Oder wenn ich, wie jetzt im Sommer wieder geschehen, über den Friedhof meines Geburtsortes gehe und die Gräber betrachte, dann entdecke ich Namen, die mir von der Schule oder aus der Gemeinde heraus noch vertraut sind.
„Lehre uns bedenken, Gott, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden,“ heißt es in einem Psalm. Unsere Vorfahren wussten: Es ist klug, sich ein bisschen nach hinten zu tasten, zum eigenen Ende hin. Wer spürt, wie begrenzt die Zeit ist, kommt schneller zum Wesentlichen.
Ich finde jede Todesanzeige, jeden Grabstein wesentlich. Ein kleines Kunstwerk. Ein ganzes, einmaliges Leben auf wenigen Quadratzentimetern. Name, Geburtstag und Sterbetag. Und was sie denen, die zurückbleiben, bedeutet haben. Von manchen Todesanzeigen geht ein tiefer Friede aus. Da hat man sich verabschiedet. Da konnte man einander loslassen und bleibt sich doch im Herzen verbunden. Manchen Todesanzeigen merkt man an, wie die Hinterbliebenen mit Worten ringen. Völlig überrascht und geschockt bleiben sie zurück, wollen ihre Trauer mitteilen und sind eigentlich sprachlos. Das berührt besonders.
„Lehre uns bedenken, Gott, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ haben die Menschen früher gebetet. Gemeinsam, öffentlich und nicht nur an bestimmten Tagen im Jahr. Zeige uns Gott, wie wir das nehmen sollen. Wenn der liebste Mensch, den man hatte, einfach weg ist. Wenn so vieles unausgesprochen und ungeklärt geblieben ist. Zeige uns Gott, wie wir darüber nicht verzweifeln, sondern „klug“ werden. Oder einfach menschlich.
Klug wird man nicht allein und muss es auch nicht werden. Wir können uns an den Gott wenden, von dem wir kommen, zu dem wir alle einmal zurückgehen.
Der Tod gehört dazu. So selbstverständlich und alltäglich wie Todesanzeigen in unseren Zeitungen. Kleine Kunstwerke auf wenigen Quadratzentimetern Papier. Da melden sich Leute zu Wort, deren Schicksal mich jedenfalls berührt. „Wir danken allen, die an unsere Trauer Anteilnehmen.“ schreiben mir manche unbekannterweise. Aber gern doch! sage ich dann.

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