Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
Ein altes Märchen erzählt, wie ein wissbegieriger König die Gelehrten seines Landes beauftragte, für ihn alles Wissenswerte der Welt aufzuschreiben. Nach vierzig Jahren legten sie ihm das Ergebnis in tausend Bänden vor. Der König sagte: „Tausend Bücher kann ich nicht mehr lesen. Kürzt alles auf das Wesentliche.“ Nach zehn weiteren Jahren hatten die Gelehrten den Inhalt der Geschichte der Menschen in hundert Bänden zusammengefasst. Aber für den König war auch das noch zu viel. Er sagte: „Ich bin nun schon siebzig Jahre alt, schreibt nur das wirklich Wichtige“.
Die Gelehrten machten sich also erneut ans Werk und fassten das Wichtigste in einem einzigen Buch zusammen. Sie kamen damit zu ihm, als der König bereits im Sterben lag. Der Vorsitzenden der Gelehrtenkommission fasste am Sterbebett des Königs die Geschichte der Menschheit noch einmal in einem einzigen Satz zusammen: „Sie lebten, sie litten, sie starben. Was aber zählt und überlebt, ist die Liebe“.
Im Hohenlied der Liebe kommt der Apostel Paulus auf das gleiche Ergebnis, allerdings auf einem etwas anderen Wege. Auch er denkt darüber nach, was für die Menschen wichtig ist, worauf sie besonders achten sollen, und spricht dabei von Glaube, Hoffnung und Liebe. Die Liebe aber ist die größte unter den dreien, denn die Liebe überdauert alles und bleibt auch dann, wenn unser irdisches Leben zu Ende ist.
Genau diese Liebe ist es, die die meisten Menschen oft ihr ganzes Leben lang suchen: Die Liebe, die nicht täuscht, nicht langweilt oder verletzt. Die Liebe, die das Herz erweicht und nicht versteinert, die Liebe, die leben lässt und nicht erniedrigt oder in die Abhängigkeit führt.
Viele Christen beschäftigen sich, ausgehend von diesem Pauluswort, bis heute mit diesen Worten und so bilden diese Worte oft die biblische Grundlage bei kirchlichen Eheschließungen. Dass diese Ehen allerdings besser gelingen als andere, ist mir nicht bekannt. Denn nur als schönklingende und fürs Herz gedachte Worte – als Beigabe zur romantischen Hochzeit – genügen sie nun mal nicht, denn immer steht einer neben uns, der diese unsere Liebe braucht und sie auch einfordert; dies zu leben ist allerdings nicht immer ganz einfach.
Zündfunke, 17.11.14
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