Gemeindereferentin Andrea Bolz, Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Sind sie religiös, liebe Schwestern und Brüder, und wenn ja, warum? Der Schriftsteller Gerhart Hauptmann hat einmal gesagt, „Jede Religion ist falsch, die den Menschen finster macht“. Ein Widerspruch in sich selbst – denn eine Religion soll ja für den Menschen und sein Wohl da sein, und ihn nicht finster und traurig oder gar ängstlich stimmen. Aber in allen Religionen, auch im Christentum, gibt es durchaus diese dunklen Kapitel. Immer noch sind Menschen religiös, weil sie Angst vor Gott, vor einer höheren Macht und ihrem unberechenbaren Schicksal haben. Sie fürchten sich vor Gott, aber Gott möchte von den Menschen nicht gefürchtet – sondern geliebt werden. Dieses alte Gottesbild eines strafenden, zürnenden, jüdischen Gottes ist immer noch so lebendig, obwohl uns Jesus nun schon vor über 2000 Jahren das Gegenteil gelehrt hat. Jesus hat Gott als den Vater verkündet, der den Menschen mit bedingungsloser und vorbehaltloser Liebe begegnet. Vor so einem Gott aber braucht keiner Angst zu haben. Natürlich hat die Kirche in ihrer Geschichte sich nicht immer der Worte Jesu erinnert, und um die Menschen klein zu halten, hat sie sich gerne dieses Gedankens eines mächtigen, gewaltigen, strafenden Gottes bedient.
Nun lassen aber auch persönliche Schicksalsschläge oder Katastrophen irgendwo auf der Welt einen immer wieder an dem Gottesbild Jesu zweifeln. Aber ich möchte mit dem Apostel Paulus vertrauen, „dass uns nichts und niemand von Gott und seiner Liebe trennen kann, was immer auch passiert“. (Römer) Und „dass sich von Gott geliebt wissen, Vertrauen bewirkt und befreit“. (Galater) Diese Botschaft gibt nicht nur mir, sondern dem gesamten Christentum ein gutes Stück Liebenswürdigkeit zurück. Der frühere Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof hat dies einmal folgendermaßen interpretiert: „Religion und Kirche haben den Auftrag, die Menschen zur Freiheit zu befähigen“. Und er fügt hinzu: „Die Wirtschaft sieht im anderen die Konkurrenz. Die Parteien bekämpfen einander als politische Gegner. Wer jedoch von Jesus her den christlichen Glauben ernst nimmt, der sieht im Mitmenschen den Nächsten. Ihn gilt es zu achten, in Toleranz zu begegnen und ihn sogar zu lieben“.
Zündfunke, 20.01.15
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