Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Manchmal gibt es Tage, liebe Schwestern und Brüder, da hat man am Abend den Eindruck, all die Arbeit, all das Theater, ach was, der ganze Tag hat sich echt nicht gelohnt. Da hätte ich am besten gleich im Bett bleiben können. Nichts hat geklappt. Alles ist schief gegangen. Aus dem, was ich mir vorgenommen habe, ist nichts geworden. Dieser Tag war wirklich umsonst. Gut, wenn ich mir dann sagen kann: „So ist das eben im Leben. Morgen ist ein neuer Tag.“ Schlimm wird es erst, wenn ich das Gefühl habe. So ist es jeden Tag. Das Leben ist sinnlos.
In der Bibel, im Alten Testament gibt es ein kleines Büchlein. Das heißt „Prediger“. Es enthält die Einsichten eines weisen Menschen. Ein Thema dieses Büchlein heißt: „Alles ist sinnlos. – Ganz sinnlos ist alles.“ Das klingt entmutigend. Oder? „Alles ist sinnlos“. Der das sagt, nennt sich einen weisen Menschen. Da spricht also einer, der tiefere Einsichten in das Leben hat. Einer, der das Leben mit seinen Höhen und Tiefen kennt. Seine Erkenntnis am Ende ist ernüchternd. Die Menschen ändern sich nicht. Sie machen immer wieder dieselben Fehler. Sie bauen Schönes auf und machen es wieder kaputt. So ist das Leben.
Lohnt es sich dann überhaupt, zu leben und tapfer anzupacken, was der Tag bringt?
Mitten in seinen entmutigenden Einsichten über so viel Sinnloses, fängt der weise Mensch aus dem Buch Prediger an zu staunen. Er staunt darüber, dass es überhaupt Leben gibt. Da ist die Erde und die trägt uns. Die Sonne ist da und sie wärmt, geht jeden Morgen auf, vertreibt die Nacht, macht es Tag und leuchtet uns. Und die Luft ist da. Wir atmen ein und wir atmen aus und wir leben. Und Wasser gibt es, den Träger des Lebens, Durst löschend erfrischend, belebend. Wir müssen das alles nur wahrnehmen. Das macht der weise Mensch und kommt ins Staunen. Nichts ist selbstverständlich. Das Leben ist voller Wunder und so vieles ist und bleibt schön. Das Leben will nur entdeckt und bestaunt werden.
Der weise Mensch im Büchlein Prediger geht noch einen Schritt weiter. Er schaut tiefer. Er ahnt und glaubt, dahinter steht einer, der dieses Leben ins Leben gerufen hat und allem seine Zeit gibt. Er spricht von Gott. Und er meint: Wirklich weise ist, der trotz allem über Gott staunen und Ehrfurcht vor dem Leben haben kann. Sogar an missglückten Tagen wird er das Leben wertschätzen, für jeden Atemzug Gott danken und gern leben.
Zündfunke, 31.01.15
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