Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen Sonntag, wünsche ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder! Die heilige Teresia von Avila bittet in einem Gebet: „Erhalte mich liebenswert, guter Gott.“ Und weiter: „Oh Herr, du weißt besser als ich, dass ich von Tag zu Tag älter und eines Tages alt sein werde. Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen.“ Da spricht sie mir aus dem Herzen, die Heilige Theresia, die Kirchenlehrerin und Powerfrau aus dem 16. Jahrhundert. Denn das merke ich ja heute schon:
Zu jedem Thema hätte ich irgendwie was zu sagen. Und natürlich auch bei jeder Gelegenheit. Oft spüre ich einen regelrechten Wortstau in meinem Mund, der unbedingt nach draußen drängt. Und dabei geht mir doch genau das bei anderen Leuten so gewaltig auf den Keks. Ja, ich meine da gerade die, die zu allem ihre Meinung geben, aber schlussendlich doch nicht wirklich was zu sagen haben. Und weshalb nicht? Weil sie sich oft die zeit nicht nehmen, die Dinge richtig durchzudenken. Dann lassen sie sich vorschnell zu Verallgemeinerungen hinreißen wie: „An allen Problemen der heutigen Jugend sind doch nur die berufstätigen Mütter bzw. die vielen geschiedenen Ehen schuld. Alle Politiker – da drehe ich die Hand nicht um – sind käuflich. Von der Grippeschutzimpfung bekommt man doch erst recht eine Erkältung, denn die Oma war im vergangenen Jahr nach der Impfung auch erst mal zwei Wochen krank….“
Was lässt sich nun gegen einen solch blinden Redeeifer tun? Zum einen ist wichtig, dass ich ihn überhaupt bemerke. Denn nur wenn mir bewusst wird: „Hier redest du mal wieder über etwas, worüber du dich überhaupt nicht richtig informiert hast“ – nur wenn mir das bewusst ist, kann ich auch damit aufhören. Wenn es sein muss, dann sogar mitten im Satz. Und dann kann ich vielleicht mal auf andere hören, ob die nicht weit mehr zu diesem Thema wissen. Oder zumindest kann ich mal andere Gedanken zu diesem Thema wahrnehmen….
Zuhören statt reden – ich frage mich selbst immer wieder: Weshalb fällt das eigentlich so schwer? Vielleicht, weil ich im Reden mehr Übung habe? Und weil mir meine eigenen Erkenntnisse und Erfahrungen ganz besonders mitteilungswert scheinen? Theresia von Avila sagt das so: „Bei meiner ungeheuren Ansammlung von Weisheit erscheint es mir ja schade, sie nicht ständig weiterzugeben. Aber du verstehst, Herr, dass ich mir ein paar Freunde erhalten möchte.“
Genau darum geht es. Weder Freunde, noch Bekannte – und meine Kinder ganz gewiss nicht – wollen ständig mit meinen Lebenserfahrungen zugetextet werden. Sie brauchen das Gespräch, den Austausch, ein Gegenüber, das sie versteht. Und ich wiederum brauche Freunde. Genau deshalb schließe ich mich dem Gebet Teresas an:
Oh Herr, bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen. Erhalte mich vielmehr liebenswert.
In diesem Sinne – Ihnen allen, einen schönen Sonntag!
Zündfunke, 01.02.15
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