Lesung: Joel 2, 12-18 / Evangelium: Mt 6, 1-6.16-18
Ich wünsche Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Pfingstfest, liebe Schwestern und Brüder! Oh ja, Sie haben durchaus richtig gehört. Es ist nicht so, dass mir unser Karnevalsball im Haus Michael bis heute die Sinne vernebelt hätte – mitnichten, obwohl er sehr schön und durchaus zum Vernebeln angetan war. Auch möchte ich mich keinesfalls um die kommenden Wochen der Fastenzeit herum mogeln. Ganz im Gegenteil: Ich will diese Wochen vielmehr überaus ernst nehmen – und Sie? Sie möchte ich genauso herzlich und eindringlich dazu einladen und ermutigen.
Doch ich spüre: Es bohrt jetzt schon in Ihnen, wie ich denn auf Pfingsten komme. Dabei habe ich nur sehr genau darauf achtgegeben, was uns da in der Lesung aufgetragen wurde und vor allem von wem. Joel heißt dieser Prophet aus dessen Buch die Sätze der heutigen Lesung stammen, und er gehört zu den sogenannten „kleinen Propheten“ des Alten Testamentes. Mit seinen elf Kollegen steht er ein wenig im Schatten der „Großen Propheten“ wie Jesaja oder auch Jeremia. Sein kleines Buch umfasst nur vier Kapitel, aber diese werden an überaus prominenter Stelle unserer Liturgie zitiert. So z.B. heute am Aschermittwoch – und ich denke Sie ahnen es nach meiner Aussage von vorhin – an Pfingsten, genauer: am Vorabend zu diesem Hochfest. Da ist dann vom Geist die Rede, der über allen ausgegossen wird. Auf mich wirkt das so, wie wann an diesem Tag die Ernte eingefahren wird – und diese Ernte ist eine vom Geist des Auferstandenen neu beseelte Gemeinde.
Nun wissen wir aber alle: Wo geerntet werden soll, muss zuvor eine Frucht und zuerst einmal eine zarte Pflanze gewachsen sein – und das alles geht nicht ohne den notwendigen Samen. Genau dieser aber wird heute gelegt. Heute, an diesem Aschermittwoch, denken wir daran, dass Gott es immer wieder neu mit uns probiert. Er ist ja der Unermüdliche, der, der uns Menschen nie, aber auch gar nie aufgibt. Wenn wir also auf Ostern hin eine Zeit der Vorbereitung, der Verinnerlichung und des Fastens begehen, dann doch nur, weil wir glauben und darauf vertrauen, dass dieser Gott sich von unserem Unvermögen zu lieben und unseren Glauben zu leben nie abhalten lässt. Deshalb sagt Joel heute im Namen Gottes: „Kehrt um zu mir von ganzem Herzen.“
Das ganze Herz ist also gefragt, keine Halbherzigkeiten. Wie aber soll das denn mit unserem Glauben funktionieren, wenn wir den Samen Gottes, seine frohmachende Botschaft nicht in unser Herz lassen, wenn wir den Boden dafür verschlossen halten und sie so keine Wurzeln in unserem Leben schlagen kann? Wenn wir etwas nur halbherzig tun, dann meint das doch, dass uns oft der Mut fehlt, etwas mit ganzem Herzen zu tun. „Zerreißt eure Herzen, zerreißt nicht eure Kleider!“, sagt deshalb Joel. Das Zerreißen der Kleider – das müssen wir uns in Erinnerung rufen – ist ein Zeichen der Buße und der Entrüstung. Erinnern Sie sich? Der Hohepriester zerreißt sein Obergewand als Zeichen der Empörung über das, was der gefangengenommene Jesus da von sich gibt. Aber es zerreißt ihm eben nicht das Herz. Doch genau darum muss es uns gehen. Das primäre Ziel der Fastenzeit darf nicht sein, dass wir unseren Gürtel ein Loch enger schnallen können – das mag ein wohltuender Nebeneffekt sein – aber das Ziel muss es sein, dass unser Herz, sprich unser Leben, gottgefälliger wird. Dass Raum wird in uns für die Botschaft von Ostern und die Botschaft vom Leben. Dass wir wieder mehr Platz haben in unserem Herzen für die Liebe zu Gott, die immer auch eine Liebe zu den Menschen sein will und sein muss. Denn diesen Gott lässt kein Mensch auf dieser Erde kalt; und diesem Gott ist deshalb auch das konkrete Leid unserer Mitmenschen niemals gleichgültig.
Fasten und Gottesdienst gehören für Joel zusammen. „Heiligt die Gemein
de!“ sagt er. Deshalb mag zwar die vorösterliche Bußzeit eine individuelle Umkehr von jeder und jedem von uns verlangen, aber es geht nicht nur um mich allein – es geht immer auch um uns! Was macht uns denn als Gemeinde Gottes aus? Wo stützen und bestärken wir uns denn gegenseitig in unserem Glauben? Machen wir uns Mut zur Umkehr? Hilft mir die Gemeinde auf die Füße, wenn ich mal falle? Joel sagt: Verzicht heißt nicht Einschränkung um unserer selbst willen, sondern damit Gott Raum gewinnt, damit immer mehr Menschen sein Heil erfahren und seine Liebe verspüren. Wir sollen also nicht Gutes tun, damit wir allein uns wohlfühlen, sondern auch und vor allem, dass es anderen besser geht.
Den Aschermittwoch zu feiern bedeutet also – auch als eine von Touristen geprägte Gemeinde – ein Zeichen guten Willens zu setzen. Wie sagt Joel: „Warum soll man unter den Völkern sagen: Wo ist denn ihr Gott?“ Und er macht damit deutlich: Sein Handeln wird doch einzig und allein durch uns und unser Verhalten für andere sichtbar, spürbar und erfahrbar. Wo wir aber dieser Welt und somit den Menschen Gott nicht bezeugen, werden immer wieder Zweifel an ihm laut werden. Natürlich überlässt uns Gott nicht die Drecksarbeit – mitnichten! Aber er nimmt uns durchaus in die Pflicht. Wo der Mensch aber seine von Gott geschenkte Freiheit – nämlich Gutes aus eigenem Willen heraus zu tun – ins Gegenteil verkehrt, da braucht es dann vielleicht gerade den Mitmenschen, der in Freiheit das Gegenteil entgegensetzt. Wenn wir als Christen unseren Auftrag nicht mehr ernst nehmen, dann wird auch die Gottesbeziehung immer lahmer werden. Wo wir aber eine neue Leidenschaft entwickeln, da erwacht auch in Gott die Leidenschaft. Wie sehr und wie oft hat er uns dies schon bezeugt. Ein anderes Wort dafür ist ja Passion: im doppelten Sinn werden wir dies in den kommenden Wochen wieder meditieren. Gott ist ein leidenschaftlicher Gott – eben auch in seiner Hingabe an uns und für uns.
Die Zeit der Vorbereitung auf Ostern soll also nichts anderes als eine Zeit der Vertiefung unseres österlichen Glaubens sein, der Frucht bringen soll. Joel ist dabei Pate bzw. der Eckpunkt dieser Wachstumsphase. Die klassischen Düngemittel sind dabei auch in diesem Jahr: Fasten, Almosen und Gebet. Gott hat seinen Samen in uns gelegt; also machen wir unser Herz weit, damit dieser Samen Frucht bringen kann und bereiten wir ihm immer wieder neu den Boden dafür. Die Holzasche ist dabei ein klassischer Zusatz zu diesem Boden, In wohldosierter Form hilft sie nämlich beim Wachsen. Wenn also im Anschluss Holzasche über uns gestreut bzw. das Kreuzzeichen damit auf unsere Stirn gemacht wird, dann sollten wir diesen Dünger wirklich nutzen, damit der Glaube in uns gedeihen kann.
In diesem Sinne, wünsche ich Ihnen, wünsche ich uns allen schon heute eine gute Ernte – oder anders gesagt: ein frohes Pfingstfest. Amen.
Predigt am Aschermittwoch 2015
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