Liebe Hörerinnen und Hörer,
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Die Aussage trifft auf viele Lebenssituationen
zu. Wir sind den Umständen des Lebens nicht ohnmächtig ausgeliefert. Mag sein, dass wir das Was, die Umstände, oft nicht selbst auswählen können, aber das Wie, wie wir damit umgehen, da können wir mitwirken.
In der Zeit, in der ich Klinikpfarrer war, habe ich einmal eine Schlaganfallpatientin begleitet, die mit schweren Einschränkungen im Krankenhaus lag. Als ich ihr nach einem Jahr zufällig wieder begegnete,war von ihren Einschränkungen fast nichts mehr zu sehen.
Auf die Frage, wie sie das geschafft habe, meinte sie: „Ich hatte zwei kleine Kinder, die musste ich doch versorgen.“ Ihr Wille hat mit zur Genesung beigetragen, zumindest hat ihr Wollen die medizinischen Maßnahmen unterstützt.
Im Neuen Testament, in Johannes 5, ist von einem Kranken die Rede, der am Teich Bethesda auf Heilung wartete, da er nicht gehen konnte. Jesus konfrontiert ihn mit der Frage:„Willst du gesund werden ?“. Mit dieser geradezu provozierenden Frage appelliert Jesus an den Willen des Kranken. Er erinnert ihn an Heilkräfte, die er hat, indem er zu ihm sagt: „Steh auf , nimm dein Bett und geh.“ Jesus traut diesem Kranken zu, dass er selbst Kraft besitzt, um auf seinen eigenen Füßen zu stehen, um sein Leben zu bestehen und durchzustehen.
Hannah Wolff hat in ihrem Buch „Jesus als Psychotherapeut“ der Frage „Willst du gesund werden“ eine besondere therapeutische Bedeutung zugemessen, wenn sie schreibt: „Willst du gesund werden? Das ist in Wahrheit die erste Voraussetzung jeder Therapie.“ Nun wird man freilich darauf achten müssen, nichts zu verallgemeinern, aber ich denke, dass unser Wollen und Mitwirken wesentlich mit zur Bewältigung des Lebens beiträgt.
In diesem Sinne wünsche ich mir und Ihnen, dass wir die von Gott gegebenen Heilkräfte wahrnehmen und nutzen.
Helmut Müller Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Teneriffa Nord.