Meditieren zu können, ist ebenso wie der willkürlich steuerbare Atem, ein Vorrecht, das in der dreidimensional, mit Körper, Geist und Seele angelegten Natur des Menschen begründet ist. Ursprünglich als religiöse Übung fernöstlicher Kulturen bei uns bekannt geworden, fand Meditation in der abendländischen Gedankenwelt vielfältigen Anklang, und seit einigen Jahrzehnten hat sie sich, jenseits von theologischen Vorstellungen, in der Naturheilkunde einen festen Platz erobert. Was unter Heil-Meditation zu verstehen ist?
Je nach dem Ziel, das der Meditierende anstrebt, kann es für ihn entweder „sich hineinversenken“, „sich sammeln“, „sich vorstellen“ bedeuten und gerät damit in die Nähe des Autogenen Trainings, das ich an anderer Stelle dieses Buches beschrieben habe. Die Grenzen sind fließend. Die Kunst der Meditation besteht vor allem darin, die Phantasie auf ein Thema zu lenken, bei dem sie lange genug verweilen kann, um sich allmählich im Körperlichen auszuwirken. Sie folgt dabei dem Naturgesetz der „Verdichtung von Gedanken“. Was man lange genug sorgfältig bedenkt (sich suggeriert), wird am Ende Wirklichkeit. Neu ist diese Erkenntnis nicht. Viele Mütter wenden sie an, ohne die psychosomatischen Zusammenhänge zu kennen, um die Einbildungskraft ihrer Sprößlinge zu aktivieren.
Wenn Kinder nicht einschlafen können, weil die Nachglut des Umhertollens sie nicht losläßt, wirkt zum Beispiel „Schäfchenzählen“ binnen weniger Minuten als bewährtes Schlafmittel, vorausgesetzt, es herrscht Stille, und nichts ist vorhanden, was ablenken könnte. Heil-Meditation nutzt diese Erfahrungen. Wer sich entschließt, sie anzuwenden, kommt am ehesten zum Erfolg, wenn er sich unter der Anleitung eines erfahrenen Therapeuten zunächst mit den diversen Techniken vertraut macht, die beherrscht werden müssen, um die unbedingt nötige Konzentration zu erreichen. Es ist nämlich nicht leicht, sich auf eine einzige Sache zu konzentrieren, und sei es nur für wenige Minuten. Immer wieder schweifen die Gedanken ab, befassen sich mit anderen Dingen und vereiteln damit den Erfolg.
Zum Unterschied gegenüber Yoga und gewissen Praktiken der Oberstufe des Autogenen Trainings, verlangt die Heil-Meditation keine anstrengenden Übungen. Man sitzt bequem auf einem Stuhl oder am Boden und vielleicht unbequem werdenden Haltungen darf man beliebig ändern, ohne den Zweck der Übung zu beeinträchtigen. Was erreicht werden kann, ist erstaunlich! Wer es fertigbringt, sich für die Dauer der Meditation gänzlich aus den Alltagsproblemen zu lösen, kann beispielsweise das Phänomen der Imagination (bildhaft anschauliches Erleben) wirkungsvoll einsetzen, um Heilungsprozesse zu beschleunigen, indem er sich „vorstellt“, wie Zellen des Immunsystems mit Krankheitserregern kämpfen und sie letztlich „besiegen“.
Ähnlich verhält es sich mit dem noch verblüffenderen Phänomen der Visualisation (Veranschaulichen außersinnlicher Wahrnehmungen). Das aus der Naturphilosophie bekannte Od, jene Aura aus magnetischen Wellen, die den Körper wie ein Heiligenschein umgibt, kann über die Meditation vor dem inneren Auge sichtbar gemacht und für Heilzwecke am eigenen Körper genutzt werden. Bisherige Erfahrungen damit haben ergeben, daß Heilung um so eher erwartet werden darf, je intensiver die Visualisation des Od erlebt wurde. Aus schulmedizinischer Sicht mögen solche Phänomene als blanker Unsinn abgetan werden, vom Standpunkt der Naturheilkunde aus, sind sie das keineswegs. weil nämlich die Kräfte des Unbewußten, die sich hier machtvoll entfalten, bisher noch gar nicht erforscht sind. Das trifft auch für sogenanntes Final-Denken zu, eine Meditationstechnik, die sich gegen Examensängste bewährt hat. Prüflinge, die auf diesem Wege, ohne Tranquilizer (Beruhigungsmittel) ihre Examina bestanden, bieten überzeugende Beweise dafür, daß ihr Fachwissen in den entscheidenden Augenblicken nicht durch Angstgefühle blockiert war.
Selbstverständlich ist Heil-Meditation nicht als Allheilmittel anzusehen, aber da sie ohne Medikamente auskommt, gibt es kaum ein Leiden, bei dem sie nicht angewandt werden kann, um andere Therapien zu unterstützen.
Auszug aus dem Buch „Der Darm – Basis der Gesundheit“ von J.B.V.