Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen guten Sonntagmorgen wünsch ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder!
„Wer Warten kann hat viel getan“ – so lautet ein altes Sprichwort. Wie bitte? Warten ist doch der Inbegriff von passiv sein, von einem irgendwie erzwungenen Nichtstun. Und daraus soll sich dann etwas entwickeln? Daraus soll sich sogar viel tun? Anscheinend schon. Der Volksmund hat schon recht, wenn er mit warten nicht verdrängen, aussitzen oder auf die lange Bank schieben meint.
Dinge mal ruhen lassen, sie reifen lassen kann viel produktiver sein als immer nur aktiv und dynamisch sein. Wenn man mal nach der Herkunft des Wortes „warten“ schaut, dann findet man, dass es ursprünglich „auf der Warte wohnen“ heißt. Also den Überblick bekommen, Ausschau halten und bewachen. Das Wort „warten“ hat noch eine zweite Bedeutung: nämlich auf etwas acht haben, etwas pflegen. Das kennt man. Vom Auto, wenn man das Auto warten lässt. Geschieht aber das, was beim Auto für uns selbstverständlich ist, bei mir als Mensch denn auch regelmäßig? So wie ich beim Auto regelmäßig danach schauen lasse, ob es noch richtig fährt und dass es auch nicht gefährlich wird, wenn ich mit ihm fahre. Lasse ich mein Leben auch regelmäßig „warten“? Und was könnte das heißen, wie könnte das gehen?
Die Adventszeit ist genau so gemeint: Eine Art Kundendienst für die Seele. Den Motor mal ausstellen und checken, mal wahrnehmen, was sich so tut an Leib und Seele. Wo es nicht rund läuft, holpert oder gar Aussetzer gibt. Wenn ich das, was mich antreibt einmal zur Ruhe kommen lasse, wenn ich mein Leben mal warten lasse, im doppelten Sinn warten lasse, dann kann sich mein Herz öffnen und mein Blick sich weiten. Dann kann ich achtsam werden für den Augenblick, achtsam für die Menschen um mich herum. Und vielleicht auch für den, den wir Gott nennen. Achtsam – das könnte heißen verlangsamen. Dinge und Menschen wahrnehmen, anders wahrnehmen, neu wahrnehmen. Nicht im Vorbeirauschen, sondern mit Zeit. Achtsam, das könnte heißen hinschauen auf das, was wesentlich ist. Auf die Körperhaltung eines Menschen, auf seine Ausstrahlung und seine Augen. Achtsam sein könnte hinhören heißen. Nicht nur auf das, was jemand sagt, sondern wie er es sagt. Auf die Zwischentöne achten. Und achtsam könnte auch heißen: Stiller werden. Still sein. Die innere und äußere Ruhe einmal aushalten, sie mal wieder erfahren oder genießen. Je nach dem.
In diesem Sinne wünsch ich Ihnen einen wartungsintensiven 2. Advent!