Andrea Bolz, Deutschsprachige katholische Gemeinde, Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
An Weihnachten werden die Familiengeschichten lebendig. Irgendwann kramt man in den Erinnerungen. Fotos werden herausgeholt. „Weißt Du noch, damals“? In manchen Familien ist das schön, man kann sich darüber freuen, was man gemeinsam erlebt hat und dankbar sein dafür. Aber ich kenne auch Leute, die fürchten dieses Eintauchen in die Familiengeschichte. Auf einmal wird alles wieder lebendig, was man so gern endlich ruhen lassen würde. Wieder beklagt sich die längst erwachsene Tochter: Ihr hattet so wenig Zeit für mich, kein Wunder, dass ich heute solche Angst habe, allein zu sein. Und der Sohn versucht, sein Verhalten zu rechtfertigen: Es gab so viel Streit – da habe ich gelernt, dass man am besten ganz still ist, dann kriegt man am wenigsten ab.
Auch ich habe in meiner Familiengeschichte nach Erklärungen gesucht, nicht gerade an Weihnachten – aber bei anderen Gelegenheiten. Und gemerkt: Das führt zu nichts. Inzwischen finde ich: gerade an Weihnachten kann man lernen, wie es anders geht. Man kann es von den Weihnachtsliedern lernen. In denen ist immer und immer wieder davon die Rede, was einen Menschen wirklich stark macht. Die Weihnachtslieder besingen Gott, der sich selbst einsetzt, damit wir Menschen stark sein können, aufrecht gehen und zu uns selber stehen. „Du hebst mich hoch zu Ehren“, singt man da zum Beispiel von Gott, oder, noch deutlicher „er wird ein Knecht und ich ein Herr“.
Gott setzt sich für mich ein. Für mich – obwohl ich so vieles an mir nicht leiden kann. Und so vieles gern weg erklären und verstecken würde. Gott setzt sich für mich ein. Er fragt nicht nach dem, was war. Fragt nicht nach meiner Herkunft. Damit gibt er mir Zukunft. Ich bin, wie ich bin. Meine Geschichte gehört zu mir. Und Gott setzt sich für mich ein.
Ich muss nicht die alten Geschichten aufwärmen um mich zu entlasten. Gott hat sich für mich eingesetzt. Das genügt. Was war, ist nicht wichtig. Wichtig ist, was kommt. Ich meine: So kann man fröhlich Weihnachten feiern, mit der ganzen Familie und den Familiengeschichten.
Zündfunke, 14.12.14
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