Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
„Und ER braucht dich auch!“ Immer wieder muss ich über diesen Satz schmunzeln, verehrte Schwestern und Brüder. Eine Bekannte hat ihn auf eine Karte geschrieben. Daneben das Bild mit einer Ikone. Jesus mit Heiligenschein legt den Arm um die Schultern eines Jüngers. Und dieser Jünger – das ist der Clou – hat mein Gesicht – sogar mit Brille. Die Bekannte hat es aus einem Foto von mir ausgeschnitten und auf das Gesicht des Jüngers geklebt. Und so legt auf dem Bild Jesus den Arm um meine Schultern und daneben steht „Und ER braucht dich auch!“ Eine doppelte Liebeserklärung. Mich rührt das jedes Mal an. Und macht mich verlegen. Wäre ja schön, aber bin ich das wirklich – brauchbar?
Ist im wirklichen Leben nicht eher das Gegenteil der Fall? Man wird so schnell nicht mehr gebraucht. Kaum bist du zu langsam, zu oft krank oder einfach zu teuer für die Firma, dann bist du weg vom Fenster. Die Angst, nicht mehr gebraucht zu werden als Arbeitskraft, sitzt bei vielen tief, auch wenn man nicht drüber redet. Nur nicht zu denen gehören, die die Firma, der Markt nicht mehr brauchen kann!
Jesus hat sich seine Jünger nicht aus der damaligen geistigen und wirtschaftlichen Elite zusammengesammelt. Er hat sich Fischer gesucht, Bauern und Handwerker. Mittlere Bildungsschicht würden wir heute vielleicht sagen. Das Besondere an ihnen waren nicht überragende Fähigkeiten. Das Besondere war, dass Sie sich haben brauchen lassen. Sicher hatten die auch ihre Zweifel: Kann ich das? Bin ich gut genug? Von Gottes Liebe reden in einer lieblosen Welt, das ist keine Kleinigkeit. Festhalten an Gottes neuer Welt, in der erst der Mensch kommt und dann der Markt. Das war damals schon ein bisschen naiv. Aber doch nicht dumm. Dass Jesu „Firma“ – bei allen Schwächen – in allen Ländern der Erde Niederlassungen hat, sollte den Firmenchefs heute zu denken geben.
„Trachtet zuerst nach dem Himmelreich, hat Jesus gesagt. Und alles andere wird euch zufallen.“ Und deshalb braucht er einfach Menschen, die sich brauchen lassen. Die nicht lange an sich herumkritteln, sondern es einfach ihm überlassen, wofür sie gut sind.
Jesus sucht Leute, die ihm vertrauen. Die zulassen, dass ER den Arm um ihre Schultern legt und sagt: Und DICH brauch ICH auch!
Zündfunke, 29.11.14
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