Andacht, 14.11.11

Liebe Hörerinnen und Hörer
In der Seelsorge, in der Begegnung mit kranken und alten Menschen, ist mir die heilsame Kraft des Glaubens verstärkt bewusst geworden. Vor 20 Jahren, am Beginn meines Dienstes, gab es Vorbehalte gegenüber der Kirche und ihren Angeboten. Mein Dienst als Seelsorger im Krankenhaus wurde mit wohlwollender Gleichgültigkeit aufgenommen. Man wusste zwar nicht, was Seelsorge nützt, hoffte aber, dass sie nicht schadet.
Inzwischen hat ein Umdenken eingesetzt. .Es gibt amerikanische Studien, die ausdrücklich von einer therapeutischen Wirkung des Glaubens sprechen. Die Weltgesundheitsorganisation hat in einem Bericht betont, dass die Beachtung der spirituellen Bedürfnisse wesentlich zu einer Lebensqualität bis zur letzten Stunde beiträgt. Belastende Ereignisse, die im Leben nicht ausbleiben, können im Glauben eher in einen Sinnzusammenhang eingeordnet werden.
Ob sich der Glaube gesundheitlich positiv auswirkt, das hängt entscheidend vom Inhalt des Glaubens ab. Wesentlich ist das Gottesbild, das uns vermittelt wurde und das wir verinnerlicht haben. Der Glaube an einen strengen Gott, der straft und Angst macht, kann krank machen und Angststörungen und Depressionen verstärken.
Anders steht es mit dem Glauben an Gott, den Jesus uns bezeugt hat. Dieser Gott ist ein Gott der Liebe, der uns bedingungslos annimmt und von Ängsten befreit.
Nach Eugen Drewermann gehört die Überwindung der Angst durch Vertrauen zum Kern der Botschaft Jesu.
Neben Vertrauen und Hoffnung, die therapeutisch wirken, stehen die Liebe, die menschliche Zuwendung und die Vergebung im Zentrum der Botschaft Jesu.
Liebe macht vieles ertragbar, zumindest erträglicher.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen heute und künftig, dass Sie die heilsame Dimension des Glaubens wahrnehmen und daraus Kraft schöpfen.

Helmut Müller, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Teneriffa Nord