Zündfunke, 20.11.14

Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
Bewusst in und mit seiner Umgebung zu leben ist gar nicht so einfach. Alles wahrzunehmen, was um mich herum geschieht, auch nicht. Und dann sollen wir uns auch noch für andere einsetzen, oft selber zurückstecken; wer will das denn schon immer? Aber darüber nachdenken sollten wir schon, damit es uns nicht so ergeht wie folgendem Mann in einer kleinen Erzählung von Calderon. „Die Hölle war total überfüllt, und noch immer stand eine lange Schlange am Eingang. Schließlich musste sich der Teufel selbst heraus begeben, um die Bewerber fortzuschicken. „Bei mir ist alles so überfüllt, dass nur noch ein einziger Platz frei ist“, sagte er. „Den muss der ärgste Sünder bekommen. Sind vielleicht ein paar Mörder da“? Und nun forschte er unter den Anstehenden und hörte sich deren Verfehlungen an. Was auch immer sie erzählten, nichts schien ihm schrecklich genug, als dass er dafür den letzten Platz in der Hölle hergeben mochte. Wieder und wieder blickte er die Menschenschlange entlang. Schließlich sah er einen, den er noch nicht befragt hatte. „Was ist eigentlich mit Ihnen – dem Herrn, der da für sich allein steht? Was haben Sie getan“?
„Nichts“, sagte der Mann, den er angesprochen hatte. „Ich bin ein guter Mensch und nur aus Versehen hier. Ich habe geglaubt, die Leute ständen hier um Zigaretten an“.
„Aber sie müssen doch etwas getan haben“, sagte der Teufel. „Jeder Mensch tut etwas, was nicht in Ordnung ist “.
„Getan habe ich nichts, nur zugeschaut“, sagte der Mensch. „Ich sah, wie Menschen
ihre Mitmenschen verfolgten, aber ich beteiligte mich niemals daran. Sie haben die Kinder hungern lassen und in die Sklaverei verkauft; sie haben auf den Schwachen herumgetrampelt. Überall um mich herum haben Menschen von Übeltaten jeder Art profitiert. Ich allein widerstand der Versuchung und tat nichts.“
„Absolut nichts?“? fragte der Teufel ungläubig. „Sind Sie sich völlig sicher, dass sie das alles mit angesehen haben“?
„Vor meiner eigenen Tür,“ sagte der gute Mensch.
„Und sie haben nichts getan“?, wiederholte der Teufel. „Nein“!
„Komm herein, mein Sohn, der Platz gehört dir“!
Und als er den Menschen einließ, drückte sich der Teufel zur Seite, um mit ihm nicht in Berührung zu kommen.

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