Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
Jeder von uns genießt es, Freunde und Bekannte zu haben, jemanden zu treffen, um so das Gefühl zu bekommen, ich bin anderen Menschen wichtig. Aber kann das alles sein, geht es uns da nicht so wie es Eugen Roth in einem seiner Gedichte beschreibt:„Ein Mensch begegnet einem zweiten. Sie wechseln Förm- und Herzlichkeiten,
sie zeigen Wiedersehensglück
Und gehen zusammen gar ein Stück.
Und während sie die Stadt durchwandern, sucht einer heimlich von dem andern
mit ungeheurer Hinterlist, herauszubringen, wer er ist.
Dass sie sich kennen, das steht fest, doch äußerst dunkel bleibt der Rest.
Das Wo und Wann, das Wie und Wer, das wissen alle zwei nicht mehr.
Doch sind sie, als sie nun sich trennen, zu feig, die Wahrheit zu bekennen.
Sie freun sich, dass sie sich getroffen; jedoch im Herzen beide hoffen,
indes sie ihren Abschied segnen, einander nie mehr zu begegnen“.
Bloße Förmlichkeiten, darüber hinaus geht es oft nicht, wenn sich Menschen, die sich anscheinend kennen, auf der Straße begegnen. Und das obligatorische: „wie geht´s“? ist ja sicherlich auch nicht ernst gemeint, denn die meisten erschrecken, wenn einer wirklich einmal wahrheitsgetreu antwortet und sagt, dass es ihm schlecht geht. Wenn wir ehrlich zu uns selber sind, wollen wir gar nicht wirklich wissen, wie es unserem Gegenüber geht, denn das hätte dann ja vielleicht irgendwelche Konsequenzen für uns, in unserem Umgang mit dem Anderen.
Freundlichkeit und freundlich sein, ist dann doch wohl nicht das Gleiche. Freundlich kann ich sein, in dem ich entspannt und mit einem Lächeln durch die Stadt gehe, rücksichtsvoll mit meinen Mitmenschen umgehe. Wahre Freundlichkeit aber trägt etwas Ansteckendes in sich. Wahre Freundlichkeit kann verwandeln. Sie kann auch manchen Kummer, den viele unerkannt mit sich herumtragen, ein klein wenig kleiner machen, vielleicht nicht für immer, aber für ein paar Momente. Wahre Freundlichkeit wirkt sich aus auf meine Umgebung. Wahre Freundlichkeit ist eine Lebensgewohnheit.
Zündfunke, 21.11.14
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