Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
„Sei doch nicht so neugierig!“ Diesen Satz, liebe Schwestern und Brüder, hat bestimmt schon jedes Kind gehört. Sei doch nicht so neugierig, du erfährst es noch früh genug, warte ab, bis du dran kommst. Seine Neugierde zügeln zu können, diese Mischung aus Ungeduld und Wissbegier, ist ein anerkanntes Erziehungsziel. Kinder, die ihre Nase nicht in fremde Angelegenheiten stecken, die sich zurückhalten können, die nicht quengeln und nerven – solche Kinder gelten meist als höflich und wohlerzogen.
Dabei ist dieses Erziehungsziel keineswegs selbstverständlich. Die Bibel steht zum Beispiel auf der Seite der Neugierigen, die auch als Erwachsene noch ungeduldig wissen wollen, was um sie vorgeht. So sieht Moses in der Steppe einen Dornbusch, der brennt, aber nicht verbrennt. Moses nähert sich wissbegierig diesem Phänomen, um es zu untersuchen, und seine Neugierde wird damit belohnt, dass sich ihm Gott im Dornenbusch offenbart. Oder da ist Zachäus, klein von Gestalt, aber darauf versessen, Jesus zu sehen, der durch eine Menschenmenge verdeckt vorübergeht. Zachäus steigt auf einen Baum, um besser sehen zu können – mit dem Erfolg, dass Jesus ihn sieht und bei ihm als Gast einkehrt.
Und gerade im Advent, der in wenigen Tagen beginnt, spielen neugierige Menschen eine wesentliche Rolle: Die Weisen aus dem Morgenland folgen ihrem Stern und wollen erfahren, wo der neue König geboren wird. Die Hirten auf dem Feld machen sich auf und wollen wissen, was dran ist an der Botschaft der Engel, dass in einer Krippe der Messias geboren wurde. All diesen Beispielen ist eines gemeinsam: Die Neugierigen finden Gott. Neugierde ist in der Bibel keine kindische Untugend, sondern eine wünschenswerte Wissbegier, mit deren Hilfe sich Gott finden lässt. Ohne Neugierde wäre Moses nicht zum Dornbusch gelaufen und wäre Zachäus nicht auf den Baum gestiegen. Die Weisen wären bei ihrer Sternwarte geblieben und die Hirten hätten bei den Schafen ausgeharrt. Keiner hätte Gott gefunden. Etwas ist von dieser Neugierde im Advent lebendig geblieben, wenn sich Kinder fragen, was sie wohl zu Weihnachten bekommen werden. Vielleicht kann man sich davon anstecken lassen und sich die neugierige Frage gönnen: Was wird mir der Advent, was wird mir Weihnachten dieses Jahr bringen? Vielleicht ist etwas dran an der biblischen Botschaft, dass die Neugierigen Gott finden. Dann kann es ein Gewinn sein, wenn man sich etwas von der kindlichen Neugier erhalten hat und sie wach hält – und sei es durch eine ganz unerwachsene Vorfreude auf die Weihnachtsgeschenke.
Zündfunke, 27.11.14
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