Zündfunke, 26.03.15

Liebe Schwestern und Brüder!
Das Weite suchen oder die Weite suchen? – das ist die Frage. Und es sind Welten, die hier die beiden unscheinbaren Wörtchen voneinander trennen: das und die. Suche ich das Weite, dann mache ich mich aus dem Staub. Dann bin ich auf der Flucht vor mir selber, auf der Flucht vor der Verantwortung gegenüber einem Mitmenschen, gegenüber einer Aufgabe. Es gibt viele Möglichkeiten, dem Leben davonzulaufen.
Suche ich die Weite, dann möchte ich über den Tellerrand hinaus schauen und meinem Leben einen größeren Horizont geben. Ich bilde mich weiter. Ich fange nochmals eine neue Arbeit an, stelle mich einer neuen Herausforderung. Ich möchte noch andere Menschen kennenlernen.
Die Weite suchen – ich glaube, das hat auch zu tun mit innerer Freiheit, mit Verständnis und Güte: großherzig sein, mich freuen an schöner Musik, staunen über die unendlichen Weiten des Weltalls, mich tolerant verhalten – andere dürfen anders sein und denken als ich das tue.
Und ich glaube, Menschen, die Visionen haben, die aus der Hoffnung leben, dass das Gute und die Liebe das letzte Wort haben, allen gegenteiligen Erfahrungen zum Trotz – solche Menschen sehen weiter.
Die Weite suchen – Gott will uns da behilflich sein. Erstaunt und dankbar stellt ein Beter im Alten Testament, im Psalm 18 fest:
„Du führst mich hinaus ins Weite, du befreist mich“ –
und geradezu überschwänglich fügt er hinzu:
„Du tust das, Gott, weil du Gefallen an mir hast“.
So ist der Gott der Bibel. Er möchte mich befreien aus allem, was mich einengt, was mich verkrampft und mir Angst macht. Und er möchte mich hinausführen ins Weite: Ich bin eingeladen, von Gott groß zu denken, mich an seiner Schöpfung zu freuen und den Mitmenschen gut sein zu wollen.
So möchte ich nicht das Weite suchen und dem Leben davon laufen. Ich möchte die Weite suchen und meinem Leben – hoffentlich – einen größeren Horizont geben.

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