Zündfunke, 20.02.15

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Vor vierhundert Jahren sagte der große englische Schriftsteller William Shakespeare: „Die Welt ist ein Theater!“ Dagegen singt heute der Liedermacher Reinhard Mey: „Die Welt ist ein Kasperletheater.“ Und dann bekommt man von ihm zu hören: „Je ernster der Ernst des Lebens, je seltener der Humor, desto häufiger tritt auch die Gattung Kasperle hervor. Sie sitzt auf allen Ebenen und geht durch jede Instanz, sie thront in der Pförtnerloge, spreizt sich in der Intendanz. Sieh dir nur mal deinen Chef an, ist das kein Musterbeispiel? Das ist der Prototyp von Gretel und Kasperle, Großmutter, Wachtmeister und Krokodil.“ Soweit also Reinhard Mey.
Viele schlüpfen ja in diesen Tagen in Kostüme, stecken hinter Masken oder traditionell geschnitzten Larven. Die anderen schauen belustigt, staunend und fasziniert zu. Es sind Bösewichter aus dem Brauchtum, Teufel, Hexen oder andere Phantasiegestalten hinter deren Masken eben für eine begrenzte Zeit Unfug getrieben wird.
Oder es sind Menschen aus der Ortsgeschichte. Eine Frau, die z.B. als Hexe verbrannt wurde. Sie hat damals die Obrigkeit genarrt. Heute springt eine Gruppe mit ihrem Namen und ihrer Maske beim Umzug mit. Das immer noch faszinierende dieser Frau ist ihr Mut und ihre Entschlossenheit. Andere Figuren haben aber ähnlich bewundernswerte Eigenschaften. Sie verkörpern Werte, die wir oft selbst gerne überzeugter leben möchten: Unabhängigkeit, oder Freiheit und Entschlossenheit. Als Narr können wir in ihre Rollen schlüpfen. Masken helfen uns nämlich dabei, etwas auszuleben, Eigenschaften auszuprobieren, die nicht unbedingt zu unserer natürlichen Persönlichkeit gehören. Mit der Maske sind wir jemand anders, können wir so tun, als ob.
Ich bin froh, dass Gott den meisten von uns Menschen den Humor als Eigenschaft mitgegeben hat. Denn der Humor erlaubt uns auch außerhalb der närrischen Zeit einen Blick hinter die Masken zu werfen. Bei Reinhard Mey klingt das dann so: „Ich hab den Weltmechanismus schon mit fünf Jahren durchschaut, und mir auf diese Erkenntnis die Devise aufgebaut: Sieh all die Pappnasen mit Milde und Bescheidenheit, fass dir mal an deine eigene und halte dich bereit, denn vielleicht hast ja du schon eine kleine Rolle in dem Spiel. Vielleicht bist du längst Gretel und Kasperle, Großmutter, Wachtmeister oder Krokodil.“
Ich wünsche Ihnen jetzt närrische Tage und den Mut, auch ohne Maske im Theater dieser Welt aufzufallen.

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